Ein Bleistift ist ein Schreibgerät mit einer Graphitmine, die meist in einen Holzschaft eingebettet ist. Entgegen seinem Namen enthält er heute kein Blei mehr. Noch bis ins 20. Jahrhundert wurde der Bleistift auch im Deutschen meist nach dem französischen Wort Crayon genannt. Hauptsächlich wird er für Zeichnungen, technische oder künstlerische Skizzen, zum Stenografieren oder für Notizen verwendet. Seine Vorteile liegen in der einfachen Handhabung, der Möglichkeit, auch mit der Spitze nach oben zu schreiben, einer vergleichsweise hohen Lichtechtheit, der relativen Wischfestigkeit, sowie in der Möglichkeit, das Gezeichnete leicht mit einem Radiergummi wieder zu entfernen. Taucher können mit einem Bleistift unter Wasser auf Kunststofftafeln schreiben, deren Oberfläche leicht aufgeraut wurde. Die Schreibfähigkeit des Bleistiftes basiert auf der schichtartigen Kristallstruktur des Graphits, den sogenannten Graphen-Lagen, zwischen denen nur sehr schwache Van-der-Waals-Wechselwirkungen bestehen. Daher können diese Schichten sehr leicht gegeneinander verschoben und beim Schreiben auf eine Oberfläche abgerieben werden (siehe auch Kohlenstoff).
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Vor ca. 5000 Jahren sollen die Ägypter Schilfrohr, Bambusrohr oder Papyrusrohr mit flüssigem Blei ausgegossen und als Schreibwerkzeug benutzt haben. Von Plinius ist überliefert, dass in der Antike auf Grund der günstigen Abriebeigenschaften des Metalls reine Bleigriffel (lat. stilus plumbeus) verwendet wurden.
Ab dem 12. Jahrhundert schrieb man mit Griffeln aus Blei-Legierungen, an deren Spitze Silber aufgelötet war. In Stiftform gepresst, wurden diese als Silberstifte auch von vielen Künstlern späterer Jahrhunderte für Vorzeichnungen verwendet. Allerdings machte ihre Härte das Schreiben und Zeichnen recht mühselig. Das Papier musste vorher präpariert werden, damit es den Beanspruchungen durch den Reißbley standhielt, zudem war der lange Kontakt mit Blei für den Schreiber ungesund. Im 16. Jahrhundert soll vereinzelt mit Stäben aus Graphit geschrieben worden sein. Gesicherte Hinweise datieren auf das Jahr 1658 bzw. 1664, als in Borrowdale (England) ein Graphitvorkommen entdeckt wurde, das an der Verbreitung des Bleistiftes maßgeblichen Anteil hatte. In den sechziger Jahren des 17. Jahrhunderts wurden in Holz eingefasste Graphitstäbe aus Borrowdale-Graphit in vielen Ländern verwendet. Man hielt den Graphit damals für Bleierz, woraus sich der missverständliche Name Bleistift ableitet.
Die englischen Bleistifte wurden um 1680 in Deutschland bekannt. 1726 gab es in Stein bei Nürnberg bereits Bleistiftmacher. Die junge Industrie wurde von der bayerischen Regierung in besonderen Schutz genommen; 1766 erteilte diese dem Grafen Kronsfeld die Konzession zur Errichtung einer Bleistiftfabrik in Zeltenbach.
1789 wies der deutsch-schwedische Chemiker Carl Wilhelm Scheele nach, dass es sich bei Graphit um ein auf Kohlenstoff basierendes Mineral handelt. Er gab ihm den Namen Graphit, das von dem griechischen Wort graphein (deutsch: schreiben) abgeleitet ist. Da der reine Graphit aus Borrowdale zu großen Teilen für militärische Zwecke eingesetzt wurde, zum Beispiel zur Herstellung von Schmelztiegeln für Kanonenkugeln, verhängte England zeitweise Ausfuhrsperren, woraufhin die Graphitkosten enorm stiegen. Bis dahin galt ausschließlich der Borrowdale-Graphit als rein genug zum Schreiben. 1790 vermischte der Wiener Joseph Hardtmuth erstmals Graphitstaub mit Ton und Wasser und brannte ihn in einem Ofen. Je nach Menge des Tones konnte er somit den Härtegrad bestimmen. Joseph Hardtmuth begründete später das österreichische Unternehmen Koh-i-Noor Hardtmuth (persisch f. „Berg von Licht“). Sein Enkel Friedrich von Hardtmuth verfeinerte die bahnbrechende Erfindung und schuf 1889 den Koh-i-noor-Stift mit 17 Härtegraden. 1795 entdeckte der Franzose Nicolas-Jacques Conté ein Verfahren, mit dem auch unreiner Graphit aus Minen in Deutschland und Österreich verwendet werden konnte. Er pulverisierte das abgebaute Material und schlämmte dann den Graphit aus. Später entdeckte er dann unabhängig von Hardtmuth auch die Härtegrade. Hardtmuth und Conté gelten als Grundsteinleger für den Erfolg des modernen Bleistiftes.
Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts war diese Technik weit verbreitet und führte zur Gründung der Nürnberger Unternehmen Staedtler, Faber-Castell, Lyra und Schwan-Stabilo.
Herstellung
Herstellung
Die Mine eines Bleistifts besteht aus einem gebrannten Graphit-Ton-Gemisch, dessen Mischungsverhältnis für die Härte entscheidend ist. Je höher der Graphitanteil ist, desto weicher wird die Mine. Grob variiert der Graphitanteil zwischen 20 % und 90 %. Die tatsächliche Härte der Mine wird außerdem von der Brennhitze und -dauer beeinflusst. Die in der Kunst eingesetzten Graphitstifte bestehen ausschließlich aus Graphit. Der Durchmesser der Minen beginnt bei 0,3 mm (Feinminenstift) und beträgt bei gängigen Stiften 2 mm.
Die gemischten Ausgangsstoffe werden durch eine Düse zu einem Strang gepresst und daraufhin abgeschnitten. Dieser wird anschließend bei etwa 160 °C getrocknet und danach bei 1100 °C gebrannt. Anschließend wird die fertige Mine mit Wachs oder Palmöl[1] veredelt, was einen geschmeidigen Abrieb ermöglicht.
Halbierter Bleistift
In Holzplatten werden Nuten gefräst, in die dann die fertig gebrannten Minen eingelegt werden. Die Platten mit den Minen werden jeweils mit einer weiteren verklebt. Anschließend werden sie zu Bleistiften zersägt und häufig lackiert. Bisher galt Zedernholz als das geeignetste Holz für Bleistifte, weil es sich aufgrund der wenigen Astlöcher leicht durch einen Anspitzer schneiden lässt. Da Zedernholz jedoch langsam wächst und somit teuer ist, wird heute auch oft Pinienholz eingesetzt. Auch Ahorn und Linde eignen sich zur Herstellung von Bleistiften. In der DDR wurden mangels Zedernholz andere Hölzer eingesetzt, die, um sie schnittweicher zu machen, mit einem Pilz durchsetzt wurden. Der Querschnitt der Stifte ist meist sechseckig, damit sie auf einer geneigten Fläche nicht davonrollen; ferner ist diese Variante leichter herzustellen als beispielsweise runde Bleistifte. Stenografen jedoch verwenden runde Stifte, weil sich diese beim stundenlangen Schreiben nicht so sehr in die Finger eindrücken. Die genau zentrische Lage der Mine im Holz ist ein Qualitätsmerkmal und Voraussetzung für den Gebrauch von Anspitzern.
Härtebezeichnung
Es gibt die vier nach englischen Härtebezeichnungen benannten Grundstärken B (black), HB (hard-black), F (firm) sowie H (hard). Die Stärke H ist in neun Stärken von H bis 9H und die Stärke B in neun Stärken von B bis 9B unterteilt, wobei die jeweils größten Stärken von Hersteller zu Hersteller leicht unterschiedlich sind, was die Vergleichbarkeit erschwert. Die mittelharten Stärken wurden vor allem im Bereich des technischen Zeichnens eingesetzt, weil sie auf dem rauen Zeichenkarton länger spitz blieben, während die weichen Stärken sich eher für den künstlerischen Einsatz eignen. Zum Schreiben eignen sich Stärken zwischen 3B und H am besten.
Härte Charakter Verwendung
9B sehr weich,
tiefschwarz für künstlerische Zwecke, Skizzen, Studien und Entwürfe.
Es gibt allerdings weder einen absoluten Maßstab für die Härte eines Bleistifts noch eine Standard-Testmethode. Zwar versuchte ein technischer Expertenausschuss unter der Schirmherrschaft der Internationalen Organisation für Normung (ISO) über 15 Jahre eine zuverlässige und wiederholbare Test-Methode für die Bestimmung der Bleistifthärte sowie eine zugehörige Norm zu erarbeiten. Dabei wurde bemerkt, dass die japanischen HB-Stifte etwa ein Grad weicher waren als die der europäischen Hersteller, diese wiederum ein Grad weicher als in den USA. Aber man konnte sich nicht auf einen international übereinstimmenden Standard für Bleistifthärten verständigen, so dass es drei unterschiedliche „Standard“-HB gibt:
* HB – weich (Japan)
* HB – mittel (Europa)
* HB – hart (USA)[2]
Auch nationale Normen existieren nicht. Jeder Hersteller erstellt seine eigene Palette von Härtegraden, die sich aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus wohl nicht zu weit von denen der Mitbewerber entfernt. Die umfangreichste Bandbreite bietet zur Zeit der tschechische Hersteller Koh-I-Noor mit 20 Gradationen. Die Firma Derwent hat seit den frühen 1950er Jahren eine hauseigene Norm, Faber-Castell hat mit der Produktionsreihe 9000 im Jahr 1960 einen Standard festgelegt, der über mehrere Jahrzehnte praktisch als Urbleistift für die Härtegrade der Castell-Bleistiftminen verwendet wurde. Eine Überprüfung der laufenden Produktion mit den 1960 definierten Härtegraden ergab 2001/2002, dass im Lauf der Jahre eine geringfügige Verschiebung der Härtegrade aufgetreten war. Im Zuge einer Erstellung eines neuen Standards, der sich exakt an den Vorgaben von 1960 orientierte, wurden daher die Härtegrade den ursprünglichen Normen wieder angepasst, wobei neben der Schwärzung auch der Abrieb in Minen-Millimeter pro Schreibstrecke bei definiertem Auflagedruck das wesentliche Kriterium für Castell 9000-Minen darstellt.
Kunst
Verschiedene Künstlerstifte; links zwei Graphitstifte, rechts Kohle- und Kreidestifte/PITT-Stifte
Der Bleistift eignet sich nicht nur zum Schreiben, sondern auch zum Zeichnen von Bildern. Dabei besticht vor allem die Möglichkeit, sehr feine Linien zu erzeugen, was mit vergleichbaren Materialien wie Pastellkreide und Zeichenkohle nicht möglich ist. Besonders in klassizistischen Portraitzeichnungen und den für die Romantik typischen Landschaftszeichnungen wurde der Bleistift aufgrund seines feinen Striches häufig eingesetzt. Des Weiteren gibt es Graphitstifte in den Härtegraden B bis 9B, die aus einer dicken Graphitmine mit einer Folie oder auch nur einer Lackschicht als Ummantelung besteht. Sie eignen sich vor allem für das Skizzieren und Einfärben großer Flächen. Herausragende Vertreter der Kunst der Bleistiftzeichnung im 19. Jahrhundert waren Jean-Auguste-Dominique Ingres und Adolph Menzel.
Umwelt und Wirtschaft
Ein Bleistift-Verlängerer schont Ressourcen.
Die für Bleistifte benutzten Hölzer werden von den meisten Herstellern in eigens dafür eingerichteten Plantagen angepflanzt. Die Lackierung des Stiftes hingegen ist oft umweltschädlich, weshalb viele namhafte Hersteller mittlerweile als umweltschonend geltende Wasserlackfarben einsetzen oder auf eine Lackierung ganz verzichten. Die Graphitmine hingegen ist völlig unbedenklich.
Die Bleistiftproduktion der vier Nürnberger Firmen beläuft sich auf jährlich deutlich über 3 Milliarden Exemplare, allein diejenige Faber-Castells, weltweit größter Hersteller von Bleistiften, auf etwa 1,9 Milliarden. Das verwendete Holz wird meist per Schiff aus Südamerika importiert, der Graphit hingegen aus Minen in Asien.
Hilfsmittel und Varianten
Bleistift-Anspitzer. links: mit Späneauffangbehälter, für normale Bleistifte; Mitte: für besonders dicke Bleistifte; rechts: für Fallminen
* Der Farbstift hat statt einer Graphitmine eine farbige Mine aus Farbpigmenten, Fetten, Wachsen, Bindemitteln sowie Mineralstoffen wie Talkum oder Kaolin.
* Der Kopierstift wird zur dokumentenechten Zeichnung verwendet.
* Der Zimmermannsbleistift wird zum Anzeichnen auf Werkstoffen mit rauer, fester Oberfläche wie zum Beispiel Holz eingesetzt. Er wird – da er aufgrund der breiten, nicht kegelförmigen Spitze nicht in einen Anspitzer passt – meist mit einem scharfen Messer oder ähnlichem gespitzt.
* Der Fallminen-, Dreh- oder Druckbleistift mit einer Metall- oder Plastikhülle und mechanischem oder automatischem Minenvorschub.
* Der Radiergummi, zum Entfernen des Bleistiftstriches. Zum Aufhellen oder zur Reinigung der bezeichneten Flächen verwenden Künstler auch knetbares Naturgummi.
* Der Anspitzer, zum Spitzen des Bleistiftes.
* Der Bleistift-Verlängerer, zum Verlängern von Bleistiften, die durch wiederholtes Anspitzen so kurz geworden sind, dass sie nur noch schlecht mit der Hand zu führen sind.
* Papierwischer, auch Estompes genannt, sind im Handel in sechs Größen zwischen 4 und 12 mm Durchmesser lieferbar. Sie dienen zum fein nuancierten Verteilen des Zeichenmaterials auf dem Bildträger.
Kurioses
Biegsame Bleistifte
* Der sogenannte „Jumbo-Bleistift“ ist eine Variante, die etwa dreimal so groß wie ein normaler Bleistift ist und mit bunter Werbung bedruckt vor allem als Souvenir verkauft wird. Auch für Schreibanfänger ist er sehr geeignet, weil er dicker und somit besser zu halten ist.
* Der längste Bleistift der Welt wurde in New York am 27. August 2007 von dem US-Amerikaner Ashrita Furman hergestellt. Er ist 23,16 Meter lang, hat einen Durchmesser von 106 Zentimetern, ein Gewicht von 10,2 Tonnen und besitzt sogar einen 76 cm langen Radiergummi am Ende. Das „Blei“ im Stift besteht aus einem 25 cm dicken Graphitkern und wiegt allein über zwei Tonnen. Geschätzt könnten aus dem verwendeten Material rund zwei Millionen normale Bleistifte gefertigt werden. Er wird im New Yorker Stadtteil Queens aufbewahrt. Der Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde war dem Künstler damit sicher.
* Im Deutschen Kaiserreich wurde den Schulbehörden und -vorständen die Verwendung von Bleistiften aus deutsch-ostafrikanischem Zedernholz „unter Hinweis auf das patriotische Interesse“ nahegelegt.
* Die Frankfurter nennen ihren Messeturm wegen seiner Form „Bleistift“, ebenso wie die Franzosen den Tour du Crédit Lyonnais in Lyon crayon (frz. für Bleistift) nennen.
* Bei den Streitkräften der deutschen Bundeswehr wird für das Anfertigen von Skizzen und Meldungen traditionell ein Bleistift der Stärke 6B verwendet, damit auch auf feuchtem Papier und bei großer Kälte geschrieben werden kann. Warum sich dafür gerade die Stärke 6B etabliert hat (obwohl das auch nicht in einer Vorschrift geregelt ist), ist nicht bekannt.