Textilie
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Eine Textilie (zu lat. textilis und frz. texere „gewebt“, „gewirkt“) ist ein flexibles Material, das aus einem Verbund von Fasern besteht. Sowohl Fasern, Garn, textile Flächen wie Gewebe, Gewirke oder Gestricke und fertige Produkte (unter anderem Bekleidung) werden unter dem Oberbegriff Textilien zusammengefasst. Die präzise Verwendung der unterschiedlichen Begriffe regelt DIN 60000.
Inhaltsverzeichnis
|
Die Wörter Stoff und Tuch werden, auch in der textilverarbeitenden Branche, oft synonym zu Textilie verwendet. Es gibt allerdings geringfügige Unterschiede in der Bedeutung dieser Wörter. „Textilien“ sind alle Materialien, die aus Fasern hergestellt sind. „Stoff“ oder „Tuch“ bezeichnet hingegen Material, das durch Weben, Wirken, Stricken oder anderes Verbinden von Fasern eine (textile) Fläche bildet. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden ausschließlich Wollwalkstoffe Tuch genannt.
Textilien werden vielfältig benutzt. Das weitaus bekannteste Einsatzgebiet ist die Bekleidung. Darüber hinaus werden sie im Haushalt eingesetzt in Form von Teppichen, bei Polstermöbeln, Vorhängen, Handtüchern, Bettwäsche oder als Tischdecke. In Technik und Industrie finden sich Zelte, Airbags, Filter, Netze, Hebebänder, Zurrgurte und Geotextilien. Im medizinischen und Hygienebereich werden Textilien bei Windeln, Taschentüchern, Krankenhaus- bzw. OP-Textilien und Verbandszeug verwendet. In jüngerer Zeit werden Textilien in Verbindung mit Harz als faserverstärkter Kunststoff in Segelbooten und Flugzeugen eingesetzt.
Werden Textilien für industrielle Zwecke und aufgrund anderer Eigenschaften als ihrem Aussehen verwendet spricht man üblicherweise von Technischen Textilien.
Die Textilindustrie stellt Textilien in großem Maßstab mittels Textilmaschinen her. Damit sie den unterschiedlichen Qualitätsansprüchen genügen, werden Textilien in der Textilveredlung (Ausrüstung) gebrauchsfähig gemacht. Nach Bestimmung unterscheidet man Textilien für
Das Textilkennzeichnungsgesetz (TKG) regelt in Deutschland die Bezeichnung/Etikettierung von Textilien hinsichtlich ihres Fasergehaltes. Die Pflegekennzeichnung von Textilien mit den bekannten Symbolen ist nicht gesetzlich geregelt, sondern in einer internationalen Norm der ISO. Die Geschichte der Textilien wird an Textilforschungsinstituten und in Textilmuseen dokumentiert und erforscht.
Fasern, die Rohstoffe für alle anderen Textilien, teilen sich in zwei Hauptgruppen ein:
Hauptsächlich verwendete pflanzliche Rohstoffe sind neben Baumwolle Bastfasern wie Hanffasern, Flachs- oder Leinfasern, Nessel, Jute. Aus den harten Sisal- und Kokosfasern werden vornehmlich Bodenbeläge gefertigt. Tierische Rohstoffe sind Wolle, Seide und Rosshaar. Ökologische Überlegungen gehen in jüngerer Zeit dahin, die Verwendung von Chemiefasern zu Gunsten von Naturfasern zu reduzieren.
Textile Flächen lassen sich mit verschiedenen Verfahren herstellen. Nach der Art der Flächenkonstruktion unterscheidet man vliesartig verbundene (z. B. Filz oder Walkstoffe) und aus Fadensystemen aufgebaute Textilien (z. B. Gewebe, Gewirke, Strickwaren).
Das Weben beruht auf einer rechtwinkligen Verkreuzung zweier Fadensysteme, so dass verschieden Arten von Bindungen entstehen. Die wichtigsten sind Leinwand-, Köper- und Atlasbindung. Samtartige Gewebe entstehen dadurch, dass Kett- oder Schussfäden kleine Schlaufen (Noppen) bilden, die aufgeschnitten den Flor ergeben. Beispiele sind Plüsch und Frottierware.
Das Stricken zählt mit dem Wirken zu den maschenstoffbildenden Verfahren. Zur Bildung einer Masche wird ein Faden zu Schleifen verformt, die miteinander verschlungen werden.
Überdies gibt es viele historische Verfahren und Nischenanwendungen, wie etwa das Malimoverfahren. Spinnen ist das grundlegende Verfahren zur Herstellung von Fäden. Meist verbindet Nähen textile Flächen.
Die ältesten nachweislich von Menschen verwendeten Textilfasern sind etwa 30.000 Jahre alt und stammen zum einen aus der Dzudzuana-Höhle im Kaukasus (Georgien), zum anderen aus Dolní Věstonice und Pavlov in Mähren. In der Dzudzuana-Höhle handelt es sich um Flachsfasern (zum Teil bereits gefärbt), bei den berühmten Gravettien-Fundplätzen Mährens um Brennessel-Fasern. Neben den direkten Textilnachweisen können auch die sogenannten Venusfigurinen des Gravettiens vielfältige Hinweise auf Bekleidung geben, da diese auf den Oberflächen der Figuren angedeutet wird (vgl. Venus von Lespugue).
Etwas jünger (etwa 19.000 Jahre alt) sind die Textilnachweise von Ohalo II am See Genezareth.
Textilreste Mitteleuropas sind bis in die Zeit des Spätneolithikums stets nur aus Pflanzenfasern überliefert (Lein, Hanf, Baumbast). Erste indirekte Hinweise für Verarbeitung von Wolle geben die Spinnwirtel einiger spät- bzw. endneolithischer Kulturen (um 3000 v. Chr.), wie der Chamer Kultur in Bayern. Schafwolle in Form von Fasern ist erst im Endneolithikum bekannt. Zu den seltenen direkten Beweisen gehören Wollhaare in der französischen Seeufersiedlung Clairvaux-les-Lacs (frühes 3. Jahrtausend v. Chr.) sowie Wollreste an einem endneolithischen Feuersteindolch aus Wiepenkaten, Lkr. Stade.[6] Ebenfalls erst im Spätneolithikum kann archäologisch der Nachweis des Webstuhls (Gewichtswebstühle mit tönernen Webgewichten) erbracht werden. Hier ist jedoch nicht klar, welche Fasern gewebt wurden.
Prähistorische Textilreste sind oft verkohlt oder auch (seit der Kupfersteinzeit) durch Kontakt zu Kupferartefakten mit kupferbasierten Mineralien überkrustet. Das Kupfer hat in diesen Fällen das Wachstum von Bakterien und damit den biologischen Abbau gehemmt.
Im Jahre 2009 wurden erste Ergebnisse publiziert, bei denen mittels Strontiumisotopenanalyse die Herkunft der Wolle von eisenzeitlichen Textilfunden ermittelt werden konnte.